Unser Start in Buenos Aires gestaltet sich schwierig, aber dann haut die Stadt uns um. Hier gibt es tausend Dinge zu entdecken und jede neue Ecke ist schöner, interessanter und faszinierender als die vorherige.
Spätabends steigen wir von Bord der Fähre, die uns nach Argentiniens Hauptstadt bringt und reihen uns in die lange Schlange der Neueinreisenden ein. Nach Erledigung der Formalitäten schlägt uns dann aber als erstes eins entgegen: Die argentinische Wirtschaftskrise. Für die Bevölkerung eine Katastrophe ist diese als Tourist ein zweischneidiges Schwert.
Einerseits ist vieles für deutsche Standards wahnsinnig günstig. Bei der zwanzigminütigen Taxifahrt zum Appartement rechne ich den Wechselkurs noch dreimal nach, da ich nicht so richtig glauben kann, was das hier kosten soll. Etwa drei Euro sind's am Ende. Essen gehen in einem der etwas besseren Restaurants der Stadt inklusive wirklich sehr schmackhaften argentinischen Rindfleisch kostet knapp 20 Euro. Also für zwei Personen, natürlich.
So weit so gut, aber was das für Nachteile mit sich bringt erfahren wir am nächsten Morgen. Als Reisender in Argentinien an Bargeld zu kommen entpuppt sich als echter Spießrutenlauf. Aufgrund der permanenten Entwertung des Pesos gibt es nicht genug Geldscheine für die riesigen Mengen, die man braucht um ganz normale Alltagssachen zu bezahlen (Aktuell sind ein Peso etwa 0,1 Cent; 2003 waren ein Peso noch etwa 30 Cent´, dies entspricht einem Währungsverfall von 30000%!). Daher bekommt man am Geldautomaten nur winzige Summen ausgezahlt, was sich aufgrund der Gebühren die aufs Geldabheben von ausländische Banken erhoben werden, für uns absolut nicht lohnt. Leider braucht man in Argentinien für manche Dinge aber zwingend Bargeld, z.B. eine Simkarte bekommt man ausschließlich gegen Pesos und manche Attraktionen und kleineren Läden akzeptieren keine Kreditkarten. Daher schicken wir uns selbst Geld zur Western Union, da Bekannte uns den Tipp geben, dies sei die einzige Möglichkeit an größere Summen Bargeld zu kommen.
Aber auch das gestaltet sich nicht einfach. Es gibt zwar jede Menge Western Union Filialen in Buenos Aires, aber die Antworten dort variieren zwischen "Unser System funktioniert nicht", "Wir haben kein Bargeld, dass wir auszahlen könnten" bis zu "Wir zahlen hier generell kein Bargeld mehr aus". Nach 10 Läden geben wir auf, wechseln die letzten 50 US-Dollar die wir haben in etwas Bargeld und besorgen uns davon wenigstens zwei argentinische Simkarten. Am Abend erfahren wir, wieder über Freunde, dass wir wohl im falschen Viertel unterwegs waren. Und tatsächlich: Am nächsten Morgen fahren wir früh in ein weit entferntes Einkaufzentrum, stehen über eine Stunde in der Schlange an und dürfen dann endlich Geld abheben und unsere persönliche Variation des kafkaesken Albtraums hinter uns lassen. Ab jetzt haben wir Zeit für Tourismus; und verdammt hat Buenos Aires da viel zu bieten! Einen Abend laufen wir zufällig in ein Pferderennen, wetten und verlieren natürlich. Den nächsten geraten wir von einer wahnsinnig angesagten Pizzeria in eine coole Bar und freunden uns mit ein paar Argentiniern an. Langweilig wird einem hier nie.
Bunte Häuser im Viertel "La Boca", gigantische Skylines am Hafen, ausgedehnte Parks, faszinierende Architektur und die schönste Buchhandlung in der ich jemals war "El Ateneo". Hier findet wirklich jeder etwas.
Besondere Erwähnung verdient der Friedhof von Buenos Aires. Ja wirklich, der Friedhof. Der "Cementerio de la Recoleta" liegt mitten in der Stadt und gleicht eher einem riesigen Mausoleum. Dicht an dicht drängten sich hier die Krypten der ehemaligen Einflussreichen der Stadt, oft wunderschön verziert und mit beeindruckenden Skulpturen geschmückt. Weite, offene parkartige Wege wechseln sich ab, mit engen gedrungenen Gassen und über allem liegt auch tagsüber eine leicht morbide Atmosphäre. Andere Touristen gibt es hier zwar auch, aber der Friedhof ist so weitläufig, dass man davon gar nicht viel mitbekommt. Wir haben uns des häufigeren zwischen den Gängen verloren und uns jedes Mal erst nach einigem Suchen wiedergefunden. Leider darf man den Friedhof nur tagsüber besuchen, bei Dunkelheit wäre die Gruselatmosphäre hier wahrscheinlich noch ganz anders. Dennoch ein absolut einmaliges Erlebnis und mein persönliches Highlight der Stadt.
Wirklich auffällig wenn man durch die Straßen von Buenos Aires läuft ist vor allem noch eins: Man sieht ständig die selben zwei Gesichter. Diego Maradona und Lionel Messi prägen das komplette Stadtbild, leuchten von jeder Hauswand und jedem Plakat. Hin und wieder schleicht sich auch mal der Pabst dazwischen, aber es besteht kein Zweifel, wer hier die beiden großen Helden der Nation sind, besonders seit dem Triumph bei der letzten Weltmeisterschaft in Katar. Die Fußballbegeisterung erreicht hier offenbar generell ein anderes Level als in Europa, selbst wenn gerade kein Spiel läuft, trägt gefühlt jeder zweite ein Trikot der argentinischen Nationalmannschaft oder von einem der großen Verein der Stadt.
Messi ...
und Maradona
Nach einigen Tagen haben wir genug Eindrücke gesammelt und reisen geschafft aber begeistert weiter. Uns erwarte eine wirklich lange Busfahrt nach Norden bis an die brasilianische Grenze, aber die lohnt sich. Dort erwarten uns die gewaltigen Cataratas del Iguazú, die größten Wasserfälle der Welt. Es gibt also weiterhin viel zu sehen!